In der Energiekrise erleben viele Bürger*innen auf der eigenen Stromrechnung, wie stark das Energiesystem von Öl- und Gasimporten abhängt. Die Energiewende muss nun mit Hochdruck umgesetzt werden, doch das gelingt nur, wenn gleichzeitig der Energieverbrauch sinkt. Für beide Herausforderungen sind Energiegenossenschaften zentrale Akteure: Sie bauen nicht nur neue Solar- und Windkraftanlagen, sondern unterstützen auch ihre Mitglieder und beim Energiesparen. In der Aktionswoche „Energiewende plus – gemeinschaftlich den Wandel gestalten“ informierten acht Energiegenossenschaften über einen suffizienten Lebensstil. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) begleitete die Kampagne im Projekt „EMUSE“, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird.
Suffizienz: Gutes, maßvolles Leben
„Würde die ganze Welt so viele Ressourcen nutzen wie die Deutschen, bräuchten wir fast drei Erden. Darum ist klar: Ein gutes Leben für alle, innerhalb planetarer Grenzen, funktioniert nur, wenn wir suffizienter leben, also maßvoller“, sagt Vivian Frick, Umweltpsychologin am IÖW. Den Energiegenossenschaften ist Suffizienz ein wichtiges Anliegen. Als partizipative und gemeinwohlorientierte Akteure eignen sich zudem besonders als Multiplikatoren für suffiziente Lebensstile, wie das Forschungsprojekt EMUSE in einer Studie zeigte.
Im Januar 2023 haben acht Energiegenossenschaften gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen vom IÖW nun die Suffizienzförderung aktiv erprobt: Sie führten die Aktionswoche „Energiewende plus – gemeinschaftlich den Wandel gestalten“ für ihre Mitglieder durch. Das „plus“ steht dabei für Suffizienz: die Energiegenossenschaften setzen sich gleichsam für die den Ausbau von Erneuerbaren, wie auch mit dem suffizienten, an Bedürfnisse angepassten Verbrauch ein. In der Kampagne setzten sich insgesamt fast 300 Mitglieder der teilnehmenden Energiegenossenschaften mit suffizienten Lebensstilen auseinander, seitens der Energiegenossenschaft Starkenburg haben 46 Mitglieder und Freunde*innen teilgenommen.
Konsumverhalten reflektieren und Engagement stärken
Die Aktionswoche umfasste die Schwerpunktthemen Konsum, Zeitwohlstand und Engagement. Somit ging es erstens darum, wie man das eigene Konsumniveau auf ein verträgliches Maß senkt, etwa durch mehr pflanzliche Produkte und umweltfreundliche Verkehrsmittel. Zweitens reflektierten die Teilnehmer*innen, was für sie ein gutes Leben bedeutet und wie sie anstelle von materiellem Überfluss mehr Zeitwohlstand in ihrem Leben schaffen können. Drittens stand das Thema Engagement im Fokus: Suffizienz beschränkt sich nicht auf den eignen Konsum, es braucht auch das zivilgesellschaftliche Wirken auf Rahmenbedingungen, auf die Politik oder Unternehmen.
Teilnehmer*innen testen mehr Suffizienz für einen Monat
Die Teilnehmer*innen bekamen inhaltliche Informationen und Einladungen zur Reflektion des persönlichen Lebens zu jedem der drei Themen. Zudem konnten sie sich zu jedem der Schwerpunkte einen Vorsatz formulieren und diesen einen Monat lang umsetzen. Die Vorsätze der Teilnehmer*innen waren vielfältig. Einige nahmen sich vor, das Auto öfter stehen zulassen, einen ‚Kaufnix-Monat‘ einzulegen oder ein Elektrogerät zu reparieren. Andere wollten den Monat Februar nutzen, um ihre Wohnung zu entrümpeln oder mehr Zeit mit Freund*innen und Familie zu verbringen. Um sich stärker gesellschaftlich zu engagieren, planten viele Teilnehmer*innen, sich in ihrer Energiegenossenschaft oder anderen Initiativen mehr einzubringen oder im Kreis der Familie und am Arbeitsplatz auf die Bedeutung von Suffizienz aufmerksam zu machen. Die wissenschaftlichen Begleitforschung wird untersuchen, inwiefern die Aktionswoche suffizientes Verhalten steigern konnte.
Die Materialien für die Aktionswoche „Energiewende plus“ werden im weiteren Verlauf des Projektes aufbereitet und veröffentlicht. Für einen ersten Einblick in die Inhalte der Aktionswoche geht es hier zum Videovortrag aus der Auftaktveranstaltung.