Neutscher Höhe, 10. Dezember, 11:55 Uhr – nahezu geräuschlos gleiten die Rotorblätter von WindSTARK1 aus der Parkposition in die Betriebsstellung. Mehr als 6500 Quadratmeter Flügelfläche, verteilt auf einen Radius von 92 Metern, tasten sich langsam in den böigen Westwind. Gemächlich setzt sich die zwei Megawattanlage in Bewegung. Das erste genossenschaftlich betriebene Bürgerwindrad der Region beginnt damit frische Odenwaldluft in sauberen Strom zu verwandeln.
„Wir sind sehr glücklich darüber, dass es uns gelungen ist WindSTARK1 noch in diesem Jahr ans Netz zu bringen, damit haben wir unser wichtigstes Ziel erreicht“, freut sich Micha Jost, Vorstandsmitglied der Energiegenossenschaft Starkenburg, über den gelungenen Start.
Die Starkenburger machen allerdings keinen Hehl daraus, dass man sich einen noch früheren Netzzugang gewünscht hätte. Doch musste der Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar (VNB) zusammen mit dem norddeutschen Windradhersteller REpower einige komplexe Probleme bewältigen.
Lothar Litters, Geschäftsführer des VNB, kennt die Knackpunkte: „Die 2 Windräder mit insgesamt 4 Megawatt Leistung speisen in Ober-Beerbach in eine bestehende 20.000-Volt-Leitung, an der auch andere Verbraucher angeschlossen sind. Aufgrund bundeseinheitlicher Richtlinien sind zur Inbetriebnahme umfangreiche Prüfroutinen vorgesehen, damit die Netzstabilität nicht gefährdet wird. Auch wir haben ein großes Interesse daran, dass die Windkraftanlagen zügig angeschlossen werden“, so der Chef des Verteilnetzbetreibers.
Für Tobias Pfeifer, bei REpower zuständig für den Bereich Netzanschluss, ist das Vorhaben auf der Neutscher Höhe nun fast abgeschlossen.
„Unser Inbetriebnahme-Team hat die Anlage heute in Gang gesetzt. Die Tests verliefen einwandfrei, das Windrad dreht jetzt vollautomatisch. In der nächsten Woche wird dann noch die zweite Anlage auf der Neutscher Höhe in Betrieb genommen und ein Feintuning an der Windparkregelung vorgenommen. In Zukunft werden sich unsere Servicetechniker um den reibungslosen Betrieb kümmern, per Fernüberwachung haben wir die Anlage rund um die Uhr im Blick “, erklärt der Windenergieanlageningenieur.
Seit heute freuen sich die Genossen nicht mehr nur über Sonnenschein für ihre Solaranlagen, sondern auch besonders über ausgedehnte Tiefdruckgebiete. Schlechtes Wetter wird für die Bürgergenossenschaft momentan sogar wesentlich einträglicher. „Unser Windrad produziert in einer einzigen windigen Woche mehr Strom, als unsere drei Bürgersolaranlagen auf einer Fläche von 4.000 Quadratmetern in einem ganzen sonnigen Jahr“, beschreibt Vorstandsmitglied Jost die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der beiden regenerativen Energieformen.
5 Millionen Kilowattstunden wird WindSTARK1 im Schnitt pro Jahr liefern, rechnerisch ausreichend für 1.250 Haushalte.
Die Starkenburger Energiegenossen arbeiten schon an weiteren Windenergieprojekten in der Region. Auf dem Plan steht nun ein erster Bürgerwindpark. In Modautal wird das Projekt „Bürgerwindpark Johannesberg“ bereits in den Gremien beraten.
Im „Dreiländereck“ Bensheim, Heppenheim und Lautertal ist der interkommunale Bürgerwindpark „HeiKe“ (Heiligenberg/Kesselberg) in Planung.