Am 11. November wurde das Klimaschutzkonzept im Ausschuss für Regionalpolitik, Infrastruktur und Nachhaltigkeit des Kreises Bergstraße vorgestellt. Mehr als 200 Seiten umfasst dieses Dokument, das vom neuen Klimaschutzmanager Reiner Pfuhl in akribischer Fleißarbeit zusammengestellt wurde. Das engagierte und ernsthafte Bemühen eine Art Fahrplan zur Klimaneutralität in allen Lebensbereichen zu erstellen, ist dem ist dem Autorenteam keineswegs abzusprechen. Auch die Energiegenossenschaft Starkenburg (ES) war an der Erarbeitung des Dokumentes beteiligt und hat sich -soweit möglich- mit Anregungen eingebracht.
„Was jetzt auf dem Tisch liegt ist nichts weniger als der Auftakt für eine wahre Mammutaufgabe, die nun schnelle und weitreichende Klimaschutzmaßnahmen im privaten und gewerblichen Bereich erfordern“, sagt Micha Jost Vorstandsmitglied der ES. Denn, noch ist Konzept nur eine papiergewordene Absichtserklärung. Die eigentliche Frage lautet jedoch: Wie schnell kommt man auf dem hier vorgezeichneten Weg voran?
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Landkreis als „Treiber beim Klimaschutz“ sind nicht gerade vielversprechend. So brütet die Verwaltung schon mehr als 2 Jahre über der Frage, wie tausende nutzbare Quadratmeter Dachflächen an den 76 Schulen für die Photovoltaik genutzt werden können. Noch ohne, dass dies zu nennenswerten PV-Projekten geführt hätte.
Positiv am Klimaschutzkonzept hervorzuheben ist, dass darin viele zielführende Aspekte enthalten sind. Eine ehrliche Analyse der Ausgangslage bildet das Fundament für ein gehaltvolles Konzept. Die Zahlen dokumentieren gleichzeitig hochoffiziell, wie wenig sich bisher an der Bergstraße in Sachen Klimaschutz in den verschiedenen Handlungsfeldern getan hat und wie weit daher der Weg zur Klimaneutralität noch ist. Einige Beispiele zur Veranschaulichung der Dimension der bevorstehenden Herausforderungen:
Laut Konzept gibt es aktuell rund 5.700 PV Anlagen im Kreis, deren Anschlussleistung nun aber jedes (!) Jahr neu zugebaut werden müsste und das fortwährend 10-15 Jahre in Folge. Nur so würde der Landkreis die benötigten klimaneutralen Energiemengen erzeugen. An der Realisierbarkeit dieser Pläne sind durchaus Zweifel angebracht. Aus Sicht der ES ist daher das Ausblenden der Windenergie, als notwendiges zweites Standbein, ein eklatanter Schwachpunkt des Konzeptes. Nur ein Ausbau der Windkraft wird die Klimaneutralität im Landkreis erst möglich machen, zumal die Windenergie gemäß des vorliegenden Dokumentes mit Abstand der größte Erzeuger der Erneuerbaren Energien im Landkreis darstellt. Die bestehenden 15 Windräder erzeugen jetzt schon deutlich mehr Strom als alle 5.700 PV-Anlagen im Landkreis zusammen. Die ES war übrigens Pionier der Windkraftnutzung im Landkreis und hat gemeinsam mit den Stadtwerken Viernheim 2017 am „Greiner Eck“ einen Windpark realisiert (WindSTARK 6).
„Im bisherigen Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren kann es und darf es künftig nicht weitergehen. Der Klimaschutzmanager muss deutlich mehr fachliche Unterstützung und Kompetenzen in der Kreisverwaltung bekommen und die Umsetzung der ambitionierten Ziele in den einzelnen Handlungsfeldern professionell strukturiert werden“, lautet daher die Forderung der ES. Die Zielerreichung muss fortwährend kontrolliert und die Maßnahmen auf ihre Wirkung überprüft werden. Vor allem sind Kommunen, die Bürgergesellschaft, das Gewerbe und Verbände in diese Aktivitäten angemessen einzubinden.
„Klimaschutz ist Mannschaftssport und der Kreis muss hier eine engagierte Trainerrolle übernehmen. Wenn dem Konzept nicht schnell und zügig wirkungsvolle Taten folgen, wird hier Klimaschutz lediglich simuliert und auf reine Symbolpolitik reduziert“, so ES-Vorstand Micha Jost abschließend.
Zum Klimaschutzkonzept des Kreises Bergstraße: (pdf 6,5 MB)